Welt-Autismus-Tag 2020

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Mädchen vor Weltkugel

Das Leben mit anderen Augen sehen

Als der Regionalverband autismus Ostwestfalen-Lippe e.V. seine Aktivitäten rund um den Welt-Autismus-Tag am 2. April plante, konnte niemand ahnen, wie sehr sich die ganze Welt durch die Corona-Pandemie verändern und welche Konsequenzen das für die Arbeit des Vereins haben würde. Entscheidend ist jedoch, dass die autistischen Klienten und ihre Familien trotz Kontaktsperre in dieser schwierigen Zeit unterstützt werden können.

"Eine Reise in andere Wahrnehmungswelten", das Motto für den diesjährigen Aktionstag, bekommt mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen in der Corona-Krise eine völlig andere Bedeutung: „Alle Veranstaltungen mussten abgesagt werden, unsere Autismus-Therapie-Zentren sind vorerst bis zum 19. April geschlossen. Es finden keine Gruppenangebote statt und unsere Mitarbeiter sind fast alle im Home-Office. Daher gibt es derzeit leider keine persönlichen Gespräche mit unseren Klienten“, beschreibt Andrea Höner von der Geschäftsführung des Vereins die gegenwärtige Situation.

Alle Therapeuten haben jedoch nach wie vor telefonischen Kontakt, sind per E-Mail und über die Verwaltung erreichbar. „Teilweise tauschen wir uns mit unseren Klienten per Video-Chat aus, das funktioniert ganz gut. Entscheidend ist, dass wir ihnen weiterhin Sicherheit und Stabilität vermitteln können. Denn für Autisten ist es besonders wichtig, Rituale und Strukturen beizubehalten“, erklärt Bettina Mester, Therapeutin beim Autismus-Therapie-Zentrum in Bielefeld, dessen Träger der Verein ist.

Auch ihre Familien stehen momentan vor außergewöhnlichen Herausforderungen: Sie müssen ihre Kinder selber beschulen und die Freizeitgestaltung ist durch die Kontaktsperre enorm eingeschränkt. Hier bieten die Gespräche mit den Therapeuten ebenfalls Orientierung und Entlastung. „Die Eltern können uns anrufen, wenn es ein Problem gibt. Wir fragen auch initiativ nach, wie es ihnen geht und ob sie Hilfe benötigen. Mit einigen haben wir feste Telefontermine vereinbart“, so Bettina Mester.

Die Ressourcen von Menschen mit Autismus zu erkennen, nicht nur ihre Defizite, mit ihnen zu reden und nicht nur über sie, – das sind die Leitmotive, die die tägliche Arbeit des Vereins prägen. Bettina Mester: „Für unsere Klienten ist es wichtig, von der Gesellschaft gesehen zu werden. Daher ist der Welt-Autismus-Tag eine gute Plattform, um auf ihre Lebenssituation aufmerksam zu machen.“ Doch nicht nur anlässlich des alljährlichen Aktionstages möchte der Verein über Autismus informieren und aufklären. „An jedem einzelnen Tag gilt es, Verständnis für Menschen mit Autismus und ihre besonderen Bedürfnisse zu entwickeln“, betont Andrea Höner.

Welt-Autismus-Tag

Die Vereinten Nationen (UNO) haben diesen Aktionstag am 18. Dezember 2007 beschlossen und 2008 erstmals veranstaltet. Er ist auch als Welttag der Aufklärung über Autismus bekannt.