Neuigkeiten und
Termine

  • Foto zeigt drei Personen (von links: einen Mann und zwei Frauen) Robert (ehemaliger Klient), Bettina Mester (seine damalige Therapeutin vom ATZ Bielefeld-Mitte) und Nihan (eine weitere Klientin mit Asperger-Diagnose) freuten sich nach Ende des Filmabends, dass sie alle Fragen des Publikums rund ums Thema Autismus beantworten konnten.
  • Foto zeigt Lara Bäthge (Therapeutin ATZ Bielefeld-Mitte) am Infostand des Vereins autismus OWL e.V. Der Infostand des Vereins war eine willkommene Anlaufstelle für Begegnungen und Austausch auf Augenhöhe. (vorne: Lara Bäthge, Therapeutin ATZ Bielefeld-Mitte)
  • Foto zeigt vier Personen am Infostand von autismus OWL e.V. Dirk Witthus (Teamleitung ATZ Bielefeld-Mitte, links hinter dem Infostand) und Bettina Mester (Therapeutin ATZ Bielefeld-Mitte, rechts hinter dem Infostand) im Gespräch mit Besucher*innen.
  • Foto zeigt verschiedene Materialien und Bücher zum Thema Autismus In der Therapie werden verschiedene Materialien eingesetzt. Bücher über Autismus helfen bei der Aufklärung über die tiefgreifende Entwicklungsstörung.

„Ich möchte niemand sein, der ich nicht bin!"

Am Filmabend mit anschließender Diskussion, den der Regionalverband autismus Ostwestfalen-Lippe e.V. anlässlich des Welt-Autismus-Tages am 2. April in Kooperation mit den Bielefelder Arthouse-Kinos Lichtwerk & Kamera veranstaltet hatte, beantworteten Bettina Mester, Diplom-Pädagogin im Autismus-Therapie-Zentrum Bielefeld-Mitte, ihr ehemaliger Klient Robert (26 Jahre, Justizbeschäftigter) und Nihan (18 Jahre, Gymnasiastin), ebenfalls eine Klientin mit Asperger-Diagnose, die zahlreichen Fragen des Publikums zum Thema Autismus. Bettina Mester: „Die Fragen waren so vielfältig wie das Autismus-Spektrum selbst und reichten von Unterstützungsangeboten im Alltag und in der Schule, Kostenübernahme und Ablauf einer Therapie bis hin zu Empfehlungen für den Umgang mit Menschen aus dem Autismus-Spektrum.“

Zu den Besucher*innen gehörten auch einige, die bisher wenig bis gar keinen Kontakt zu Menschen mit Autismus hatten. Andere kamen aus beruflichem Interesse, weil sie in ihrem Job – ob in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Wohngruppe oder als Kostenträger – tagtäglich mit ihnen, ihren Angehörigen und professionellen Begleitpersonen zu tun haben. „Sie alle hatten die Gelegenheit, die Welt mal mit anderen Augen zu sehen – aus der Perspektive von Menschen aus dem Autismus-Spektrum. Jetzt können sie über ihre Eindrücke sprechen und auf diese Weise zum besseren Verständnis für die vielfältigen Bedürfnisse von Menschen mit Autismus beitragen und Vorurteilen entgegenwirken", so Bettina Mester.

Viele Fragen aus dem Publikum betrafen das Thema Schule und Arbeit: Wie können wir Schüler*innen aus dem Autismus-Spektrum den Schulalltag erleichtern? Gibt es Rückzugsorte in der Schule und am Arbeitsplatz? Wie gehen Betroffene damit um, wenn zu viele Reize auf sie einströmen? Wie viel Regulation ist notwendig, um sich danach wieder zu beruhigen? Auch wenn Nihan und Robert unterschiedlich mit solchen Herausforderungen umgehen, das haben sie in ihrer Therapie gelernt, waren sie sich einig, dass es Rückzugsorte geben muss. Robert arbeitet am Landgericht Bielefeld, hat dort ein Einzelbüro, da Geräusche wie Reden, Lachen und Drucken ihn zu sehr gestresst haben. Bettina Mester betonte, wie wichtig in diesem Zusammenhang eine Umfeldberatung mit dem Arbeitgeber sei und empfahl, auch Materialien zur Information und Aufklärung über Autismus zu nutzen.

In der Diskussionsrunde wurde deutlich, dass die strukturellen Rahmenbedingungen in der Schule und am Arbeitsplatz nicht ausreichend auf Autismus ausgelegt sind und Inklusion erschweren. Robert: „Um meine Arbeit gut erledigen zu können, brauche ich Ablaufpläne. Mit spontanen Abweichungen kann ich nicht so gut umgehen.“ So geht es Nihan auch mit ihren Aufgaben in der Schule. Beide erwähnten, besonders herausfordernd seien Situationen, die sie nicht kennen oder in denen sie das Verhalten ihres Gegenübers nicht einschätzen können. Darüber hinaus berichteten sie, dass sie häufig unter hoher Anspannung stünden, um die Erwartungen anderer Menschen zu erfüllen: „Lange Zeit habe ich gespiegelt, was andere tun, um richtig zu reagieren. Aber ich möchte niemand sein, der ich nicht bin“, sagte Nihan.

Sie wies auch darauf hin, dass Frauen oft sehr spät ihre Autismus-Diagnose erhielten und in der Zwischenzeit häufig Zwänge, Ängste oder Depressionen entwickelten als Reaktion darauf, dass sie ihre Verhaltensweisen versteckten oder kompensierten. „Ich habe meine Asperger-Diagnose als Teenager erhalten und erst viel später verstanden, was an mir eigentlich autistisch ist." Robert berichtete, dass er sich nur Menschen gegenüber öffne, die ihm sympathisch seien oder die aufgrund ihrer Profession von seiner Beeinträchtigung wissen müssten. Bettina Mester: „Das Wichtigste ist, dass alle Beteiligten miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam nach Lösungen für eine gelingende Teilhabe suchen. Im Zuge des sogenannten Nachteilsausgleichs ist es zum Beispiel möglich, dass Schüler*innen mit einer Behinderung ihre Klausuren in einem separaten Raum schreiben. Aber nicht alle möchten so eine Extrabehandlung annehmen.“

Ziel der Arbeit von autismus Ostwestfalen-Lippe e.V. ist es, Menschen aus dem Autismus-Spektrum und mit anderen Beeinträchtigungen mit Angeboten zu unterstützen, die ihnen eine weitestgehend selbstbestimmte Lebensführung und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Bettina Mester: „Dabei liegt uns ein respektvoller und wertschätzender Umgang mit unserer Klientel sehr am Herzen. Wir lernen uns auf Augenhöhe kennen, egal, welchen Hintergrund unser Gegenüber hat." Nihan empfahl, nachzufragen, wenn es Unsicherheiten im Umgang mit Autist*innen gebe. Robert teilte ihre Ansicht und beendete die Fragerunde mit der Aussage: „Wir müssen miteinander reden, nicht übereinander. Wichtig ist auch, sich der eigenen Bedürfnisse bewusst zu werden, denn man muss es ja nicht allen recht machen."

Gut zu wissen!

Wenn Sie Fragen haben oder Unterstützung benötigen, rufen Sie uns gerne unter 0521 322011 an oder schreiben eine E-Mail an: info@autismus-owl.de.

Interessieren Sie sich für einen neuen Job? Bei uns gibt es viele Möglichkeiten mit und für Menschen aus dem Autismus-Spektrum zu arbeiten. Hier finden Sie unsere aktuellen Stellenangebote:
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Um über Autismus zu informieren und aufzuklären, bieten wir auch Fortbildungen zu unterschiedlichen Themen an. Vielleicht ist für Sie und Ihre Einrichtung etwas dabei? Weitere Infos finden Sie hier:
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